Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Seit ihrer industriellen Entdeckung im frühen 20. Jahrhundert hat sich ihre Anwendung von der Wärmedämmung von Häusern auf zahlreiche andere Bereiche ausgeweitet, darunter die Luft- und Raumfahrt, die Automobilindustrie, der Schiffbau und das Bauwesen. Diese Vielseitigkeit und die besonderen Eigenschaften von GFK werfen die wichtige Frage auf: Ist die Nutzung und Herstellung von GFK nachhaltig? Dieser Artikel beleuchtet umfassend die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit von GFK, von der Herstellung über die Nutzung bis hin zur Entsorgung.
Was ist GFK?
„GFK ist ein Verbundwerkstoff, der aus einer Polymermatrix und Glasfasern besteht. Die Matrix, meist aus Epoxid-, Vinylester- oder duroplastischen Polyesterharzen, sorgt für die Beständigkeit des Endprodukts gegen Umwelteinflüsse und Chemikalien, hält die Fasern in der Laminatstruktur zusammen und verleiht dem Bauteil seine Form. Die Glasfasern, typischerweise E-Glas (Aluminium-Borosilikatglas) oder E-CR-Glas (elektrisch und chemisch beständig), sorgen für die Stabilität und Festigkeit des Materials.„
Erklärt, Sven Borkheim, Geschäftsführer der KBM GmbH
Nachhaltigkeitsaspekte von GFK
1. Energieverbrauch bei der Herstellung:
Im Vergleich zu traditionellen Baumaterialien wie Beton, Aluminium und Stahl erfordert die Herstellung von GFK deutlich weniger Energie. Glasfaser spart bis zu 75% der Produktionsenergie im Vergleich zu Stahl. Der exotherme Aushärtungsprozess von GFK ist energieeffizient, da er seine eigene Wärme entwickelt, was den Energieverbrauch pro produzierter Einheit weiter reduziert.
2. CO2-Bilanz:
Die CO2-Emissionen während des gesamten Lebenszyklus von GFK-Produkten sind im Vergleich zu Beton- und Stahlprodukten deutlich geringer. Das CO2-Äquivalent von GFK beträgt nur die Hälfte einer Betonbrücke und etwa ein Drittel einer Stahlbrücke. Dies macht GFK zu einer ökologisch vorteilhaften Wahl für viele Bauprojekte.
3. Langlebigkeit und Wartungsanforderungen:
GFK-Produkte sind extrem langlebig und benötigen im Vergleich zu anderen Materialien nur minimalen Wartungsaufwand. Sie sind witterungsbeständig und resistent gegen Korrosion und chemische Einflüsse, wie sie beispielsweise durch Streusalz im Winter auftreten. Dies reduziert die Notwendigkeit für aufwändige Wartungsarbeiten und verlängert die Lebensdauer der Strukturen erheblich.
4. Leichtbauweise und Transport:
GFK-Konstruktionen sind bis zu 75% leichter als Stahlkonstruktionen, was den Energiebedarf für Transport und Montage um 50% reduziert. Dies ist besonders im Brückenbau von Vorteil, da vorgefertigte Teile einfacher und schneller installiert werden können, was die Bauzeiten und die damit verbundenen Verkehrsbehinderungen deutlich reduziert.
GFK in der Infrastruktur
Ein weniger bekanntes, aber äußerst vielversprechendes Einsatzgebiet für GFK ist der Infrastrukturbereich, insbesondere der Brückenbau. GFK bietet hier mehrere Vorteile:
1. Mechanische Festigkeit und Beständigkeit:
GFK-Brücken sind aufgrund ihrer hohen mechanischen Festigkeit und ihres geringen Gewichts ideal für den Einsatz in Umgebungen mit hohen Belastungen. Sie sind resistent gegen Frost und Tausalze, was ihre Haltbarkeit in winterlichen Klimazonen erhöht.
2. Design- und Kombinationsmöglichkeiten:
Die flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten und die Kombinierbarkeit verschiedener Werkstoffkomponenten machen GFK zu einem vielseitigen Material für unterschiedlichste architektonische Anforderungen.
3. Energetische und ökologische Vorteile:
Studien haben gezeigt, dass GFK-Brücken im Vergleich zu herkömmlichen Stahl- oder Betonbrücken einen geringeren kumulativen Energiebedarf und eine bessere CO2-Bilanz aufweisen. Eine Analyse über einen 100-jährigen Lebenszyklus ergab, dass eine GFK-Brücke nur 652 Gigajoule (GJ) Energie benötigt, während eine Betonbrücke 1978 GJ und eine Stahlbrücke 3380 GJ verbraucht. Im CO2-Vergleich setzt eine GFK-Brücke 75 Tonnen CO2 frei, eine Betonbrücke 145 Tonnen und eine Stahlbrücke 178 Tonnen.
Herausforderungen bei der Entsorgung von GFK
Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen, insbesondere bei der Entsorgung von GFK-Produkten. Da sie nicht leicht abbaubar sind, kann unsachgemäße Deponierung zu langfristigen Umweltproblemen führen. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um nachhaltige Entsorgungslösungen zu entwickeln.
Ein vielversprechender Ansatz ist das Recycling von GFK-Abfällen. Ein Projekt von Iwas und dem Institut für Kunststofftechnik (IKT) der FHNW hat gezeigt, dass GFK-Abfälle zu hochwertigem Rezyklat verarbeitet werden können. Dieses Hybrid-Rezyklat enthält neben GFK-Abfällen eine thermoplastische Matrix und kann nach seinem End-of-Life erneut zu Granulat aufbereitet werden, wodurch der Wertstoffkreislauf geschlossen wird. Eine Life Cycle Analysis gemäß ISO 14040 bestätigte, dass dieser Recycling-Ansatz den herkömmlichen Entsorgungsmethoden (thermisches Recycling und Deponierung) deutlich überlegen ist.
Fazit
GFK ist in vielen Nachhaltigkeitsaspekten vorteilhafter als traditionelle Materialien wie Stahl und Beton. Die energieeffiziente Herstellung, die lange Lebensdauer, die geringeren CO2-Emissionen und die niedrigen Wartungskosten machen GFK zu einer attraktiven Wahl für viele Anwendungen, insbesondere im Bau- und Infrastrukturbereich. Trotz der Herausforderungen bei der Entsorgung zeigen innovative Recyclingmethoden, dass auch dieses Problem lösbar ist.
Um die Nachhaltigkeit von GFK weiter zu verbessern, sind kontinuierliche Innovationen und eine ganzheitliche Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette erforderlich. Nur so kann sichergestellt werden, dass GFK nicht nur heute, sondern auch in Zukunft eine umweltfreundliche und nachhaltige Materialwahl bleibt.
Dieser umfassende Überblick zeigt, dass GFK eine nachhaltige Lösung für viele industrielle und bauliche Anwendungen bietet und dass weitere Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen notwendig sind, um die volle Nachhaltigkeit dieses Materials zu erreichen.