Immer mehr Menschen entscheiden sich für Ökostrom, um ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten und das Klima zu schützen. Die Idee dahinter ist simpel und bestechend: Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne und Wasserkraft soll fossile Brennstoffe ersetzen und so CO₂-Emissionen reduzieren. Doch bei genauerem Hinsehen offenbart sich eine Schattenseite: Nicht jeder Ökostrom-Tarif hält, was er verspricht. Kritiker sprechen daher von der „Ökostrom-Lüge“. Doch worum geht es dabei genau, und wie kannst du sicherstellen, dass dein Beitrag tatsächlich etwas bewirkt?
Das Wichtigste in Kürze
- Viele Ökostrom-Angebote basieren auf reinen Herkunftsnachweisen (HKN) und fördern nicht aktiv den Ausbau erneuerbarer Energien.
- Der Strommix im Netz bleibt trotz Ökostrom-Tarifen oft gleich.
- Zertifikate wie das „Grüner Strom Label“ garantieren, dass ein Anbieter in neue Anlagen und Projekte investiert.
Was bedeutet Ökostrom wirklich?
Ökostrom bezeichnet elektrische Energie, die aus erneuerbaren Quellen stammt. Dazu zählen Windkraft, Solarenergie, Wasserkraft sowie Biomasse. Der entscheidende Unterschied zu herkömmlichem Strom besteht in der Erzeugung: Fossile Brennstoffe wie Kohle, Gas oder Öl kommen bei Ökostrom nicht zum Einsatz. Viele Menschen gehen davon aus, dass der Wechsel zu einem Ökostrom-Tarif automatisch den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreibt. Doch die Realität sieht oft anders aus.
Ein großer Teil der vermeintlich grünen Tarife beruht lediglich auf Herkunftsnachweisen (HKN). Das sind Zertifikate, die belegen, dass irgendwo in Europa Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde. Stromanbieter können diese Zertifikate kaufen und damit ihren Strommix „grün“ deklarieren, obwohl sie in Wirklichkeit gar keinen Strom aus erneuerbaren Energien einkaufen. Diese Praxis wird auch als „Greenwashing“ bezeichnet.
Wie funktioniert der Strommix im Netz?
Stell dir das Stromnetz wie einen riesigen See vor. Alle Stromerzeuger – egal ob Kohlekraftwerke, Atomkraftwerke oder Windparks – speisen ihre Energie in diesen See ein. Wenn du deinen Stromverbrauch deckst, „schöpfst“ du aus diesem See. Der Strom, der aus deiner Steckdose kommt, ist also ein Mix aus allen verfügbaren Quellen. Ein Ökostrom-Tarif bedeutet daher nicht, dass nur grüner Strom bei dir ankommt. Stattdessen wird dein Stromanbieter verpflichtet, eine bestimmte Menge Ökostrom in den See einzuspeisen. Doch ohne zusätzliche Maßnahmen bleibt der Gesamtanteil fossiler Energien oft unverändert.
Die Rolle von Herkunftsnachweisen (HKN)
Herkunftsnachweise sind ein wichtiges Instrument, um nachzuweisen, dass Strom aus erneuerbaren Energien stammt. Sie stellen sicher, dass kein „doppeltes Zählen“ stattfindet. Doch sie bergen ein Problem: Anbieter können HKN aus Ländern kaufen, in denen der Anteil erneuerbarer Energien ohnehin schon sehr hoch ist – etwa aus Norwegen, wo fast 100 % des Stroms aus Wasserkraft stammt. Diese Zertifikate machen den Strom in Deutschland zwar „grün“, fördern aber keine neuen Projekte oder Anlagen.
Wie erkennst du echten Ökostrom?
Nicht jeder Anbieter betreibt Greenwashing. Es gibt einige Kriterien, anhand derer du erkennen kannst, ob dein Ökostrom-Tarif tatsächlich zur Energiewende beiträgt:
- Zertifikate und Labels: Achte auf unabhängige Zertifikate wie das „Grüner Strom Label“ oder das TÜV-Siegel. Diese garantieren, dass ein Teil der Einnahmen in den Bau neuer Anlagen fließt.
- Transparenz: Seriöse Anbieter legen offen, woher ihr Strom stammt und wie viel sie in erneuerbare Energien investieren.
- Eigene Kraftwerke: Anbieter, die selbst erneuerbare Energieanlagen betreiben, leisten einen direkten Beitrag zur Energiewende.
Die Bedeutung zusätzlicher Investitionen
Echter Ökostrom geht über den bloßen Einkauf von Zertifikaten hinaus. Anbieter, die einen Unterschied machen wollen, investieren in den Bau neuer Windparks, Solaranlagen oder Wasserkraftwerke. Solche Investitionen erhöhen den Anteil erneuerbarer Energien im Netz langfristig und sorgen dafür, dass fossile Energieträger immer weiter verdrängt werden.
Fazit: Dein Beitrag zählt – aber informiere dich genau
Der Wechsel zu einem Ökostrom-Tarif ist ein Schritt in die richtige Richtung. Doch um sicherzustellen, dass dein Geld tatsächlich in die Energiewende fließt, solltest du genau hinsehen. Anbieter mit transparenten Geschäftsmodellen, anerkannten Zertifikaten und echten Investitionen in erneuerbare Energien machen den Unterschied. So kannst du sicher sein, dass dein Beitrag nicht nur ein grünes Etikett ist, sondern eine echte Wirkung entfaltet.